Ersatz für die «Baby Warehouses» in Tel Aviv
Mit den Spenden der Schweizerischen Statthalterei sowie anderen Statthaltereien des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem konnten mehrere Kinderkrippen und Tagesstätten für die Kleinsten der Kleinen eingerichtet werden. Damit gelang es, wenigstens einigen Babys und Kleinkindern die unwürdigen Zustände in den «Baby Warehouses» zu ersparen.
Die Babys gehören fast alle zu den insgesamt 210’000 Flüchtlingen und Migranten aus Eritrea, den Philippinen und Indien, die sich im Heiligen Land befinden. Viele dieser Menschen sind Katholiken, die für wenig Geld ihren Lebensunterhalt in Israel verdienen. Die humanitäre Situation ist verheerend. Manche haben Folter erlitten oder sind in die Hände von Menschenschmugglern geraten. Sie werden in Israel oft menschenunwürdig behandelt, was insbesondere auf die Frauen zutrifft. Zudem entbehren sie der grundlegendsten medizinischen Versorgung.

Die «Baby Warehouses» werden auch «Baby-Lager» oder «Kinder-Garagen» genannt. Diese Einrichtungen befinden sich in der Nähe des Busbahnhofs von Tel Aviv, wo die Flüchtlinge unter äusserst schlechten Bedingungen leben. Die Flüchtlingsfamilien betreiben selber diese Warehouses, der Bedarf an Kinderbetreuung ist groß. Sie haben die Lager als Notlösung für Mütter aufgebaut, die arbeiten gehen müssen. In manchen dieser «Baby Warehouses» sind bis zu 100 Babys in einem Raum zusammengepfercht. Das Pflegepersonal ist nicht ausgebildet und mit seiner Aufgabe völlig überfordert. So werden oft bis zu 100 Kinder von einer einzigen Person betreut. Die Babys leiden unsäglich unter diesen Umständen. Der fehlende menschliche Kontakt führt in der ersten Zeit nach der Geburt in nicht wenigen Fällen zu geistiger oder körperlichen Unterentwicklung, einige der Säuglinge sterben sogar.
Zum Thema «Baby Warehouses» ist in Israel ein heftiger Streit entbrannt. Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman hat am 14. August 2016 israelischen Soldaten verboten, bei freiwilligen Hilfsaktionen für Kinder afrikanischer Flüchtlinge teilzunehmen. Bei Tel Aviv stationierte Einheiten der israelischen Streitkräfte hatten in den vergangenen Jahren wiederholt Initiativen von Soldaten gefördert, die sich an dienstfreien Tagen mit Freizeitangeboten und Bildungsmaßnahmen um Kinder von Flüchtlingen kümmerten. Laut Presseberichten forderte Lieberman Generalstabschef Gadi Eisenkot auf, diese Aktivitäten zu unterbinden. Wohltätigkeit beginne «zu Hause», und Soldaten sollten sich in ihrer Freizeit deshalb lieber um Holocaust-Überlebende oder verarmte Landsleute kümmern. Selbst die Soldaten sind von Liebermans Entscheidung schwer enttäuscht.¹
In Israel sind Kinder bis zum dritten Altersjahr von Gesetzes wegen ohne Rechte, ohne sozialen Status und damit ohne jeglichen Schutz. Wenn sich die Eltern nicht genügend oder gar nicht um ihre Kinder kümmern können, müssen private Einrichtungen, wie christliche oder gemeinnützige Institutionen, diese Kinder auffangen.
Das Lateinische Patriarchat in Jerusalem unter der Leitung von Bischofsvikar Pater David Neuhaus SJ hat die Initiative gestartet, diese Kinderbetreuung zu strukturieren. Pater David Neuhaus SJ ist Bischofsvikar für die hebräisch sprechenden Gemeinden des Lateinischen Patriarchats, dem sogenannten «Saint James Vicariate for Hebrew Speaking Catholics in Israel». Im Rahmen des sich in der Umsetzung befindlichen Projektes wurden verschiedene Grundstücke gemietet und Personal ausgebildet. Das laufende Projekt sieht den Aufbau von mehr als 400 Tages-Betreuungszentren vor und soll den Flüchtlingen und Migranten eine legale und menschenwürdige Einrichtung für die Kinderbetreuung ermöglichen. Damit sollen die Kinder aus diesen «Lagerhäusern» herausgenommen werden und in Tagesstätten betreut werden.²

Anlässlich eines Besuchs von Donata Krethlow-Benziger bei Pater David Neuhaus SJ in Tel Aviv am 18. August 2016 konnte sie einige dieser neuen Einrichtungen besuchen und eine Heilige Messe in Hebräisch erleben. Pater David ist ein bemerkenswerter Mensch, der im Heiligen Land eine unschätzbare Arbeit leistet, gerade im Zusammenhang mit den «Baby Warehouses». Die neu geschaffenen Tagesstätten und Betreuungszentren, sind zwar für das westliche Verständnis oft immer noch äusserst primitiv. Dafür sind die Babys und Kleinkinder sind nicht mehr zu Dutzenden eingepfercht und es gibt für jeweils sechs bis sieben Kinder eine Bezugsperson. Die Räumlichkeiten sind klein und notdürftig eingerichtet, sind aber renoviert und sauber. Zudem werden Krankenschwestern und Kinderbetreuerinnen ausgebildet, die ihr Wissen an die Mütter weitergeben können.
Dank der Spenden des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem können all diese Kinder überleben. Das Werk des Ritterordens wird durch die Augen der Babys sichtbar, in denen Hoffnung und Glück schimmert.
Die Menschen vor Ort haben die Hoffnung nicht verloren. Die Einrichtungen der Katholischen Kirche, insbesondere des Lateinischen Patriarchats, vermitteln Hoffnung. Hoffnung auf Ausbildung, auf Schulen, auf Weiterkommen und damit auf Arbeit und somit auf ein besseres Leben. Eine Hoffnung, die durch die vielfältige Tätigkeit der Katholischen Kirche in der dortigen Region in eine bessere Zukunft führen kann.
«The money has arrived, and so has hope»!
Donata Krethlow-Benziger, September 2016

¹ Haaretz, August 14 2016, Lieberman Orders to Cancel Soldiers' Volunteering With Children of Asylum Seekers in Israel Defense minister says soldiers should engage in activities within the realm of public consensus, 'especially when in this case it involves activities with a population that isn’t residing here lawfully.' By Gili Cohen. Read more: http://www.haaretz.com/israel-news/.premium-1.736801; Ynet, 15. August 2016 11.34: «What have these children done?» After pressure from groups opposed to the presence of migrant workers and asylum seekers in south Tel Aviv, Avigdor Lieberman's ban on IDF units volunteering with area children has sparked an outcry.
² Vgl. Nina Oezelt: Sich um die Kinder der Migranten in Israel kümmern, in: Newsletter No. 43, Juli 2016 , S. 18-19.